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Ein Heidschnuckenschaf verliebt sich

©2013 0 Seiten

Zusammenfassung

Heidschnucke Ludmilla grast friedlich und wie immer ein wenig abseits von den anderen Schafen. Kein Wunder, Ludmilla hält sich selbst für ein Angstschaf und wird von den anderen immer geärgert.
Doch plötzlich zittert die Erde, ein Riss öffnet sich und daraus taucht das seltsamste Geschöpf auf, das Ludmilla jemals gesehen hat. Das Tier mit dem dunklen Schnabel, den schwarzen Augen und dem otterähnlichen Körper stellt sich als Bill Ditsches vor, ein Schnabeltier aus Coober Pedy in Australien.
Zunächst fürchtet sich Ludmilla vor Bill, aber das coole Schnabeltier aus Downunder erobert ihr ängstliches Herz mit seinen glänzenden Schimmersteinen wie im Flug. Aber die wertvollen Steine ziehen auch gemeine Opaljäger in ihren Bann, die sich an Bill und Ludmillas Fersen heften. Das Abenteuer beginnt …

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Ein Schnabeltier namens Bill Ditsches

 

Über der Lüneburger Heide hing an diesem Vormittag im Spätsommer noch der Nebel. Es sah ein bisschen geisterhaft aus. Hinter den Birken und dem Heidekraut lag das Moor.

 

Ludmilla war ein wenig traurig. Sie war nicht sonderlich beliebt in der Herde und die anderen Heidschnuckenschafe steckten gerne die Köpfe zusammen. »Pummelchen« nannten sie sie.

Aus dem Grund graste sie meist ein Stück abseits. Gut, vielleicht war sie nicht so schlank wie einige der anderen Schafe. Dafür waren Ludmillas sichelförmig nach hinten gebogenen Hörner sehenswert – bestimmt. Sie fühlten sich nämlich hübsch an.

Ludmilla wandte einfach den Blick ab, entfernte sich ein wenig von der Gruppe, und verbarg sich in einem der Nebelfetzen. Sie hatte ein komisches Gefühl, so als könnte jeden Augenblick etwas passieren.

Und tatsächlich ging etwas Seltsames vor.

Ludmilla hörte ein Geräusch, ein leises Scharren. Es klang so, als wäre es direkt unter ihr. Sie hielt den Atem an. Was konnte das sein?

 

Ihr fielen die alten Geschichten ein. Gruselige Geschichten über Tiere, die plötzlich verschwunden waren; wie vom Erdboden verschluckt. Das Moor war bodenlos tief und wenn man nicht aufpasste, oder sich verlief, dann konnte man darin versinken und niemand würde einen je wieder finden.

Sie stapfte mit den Füßen auf und vergewisserte sich, dass der Untergrund auch wirklich fest war.

Da … das Geräusch wurde immer lauter. Am liebsten wäre Ludmilla weggelaufen, aber sie schaffte es nicht, sich von der Stelle zu rühren. »Angstschaf, Angstschaf«, sagte sie leise zu sich selbst.

 

Auf einmal tat sich direkt neben ihr die Erde auf. Zuerst war es nur ein Spalt, aber aus dem Spalt wurde schnell ein Loch. Etwas Großes schaufelte sich seinen Weg ins Freie.

Ludmilla holte noch einmal tief Luft und kniff die Augen fest zusammen. Sie wusste, es half nicht wirklich, aber sie wollte nicht sehen, was da aus dem Loch kam. Am Ende war dieses Etwas groß und hungrig. Ihr stand die Wolle zu Berge …

Wo war nur Herr Wachter? Der Hütehund gab doch sonst immer auf sie acht.

 

Kann man vor Furcht tot umfallen? – Sie hatte es kaum gedacht, da hörte sie neben sich ein Grunzen.

Ganz vorsichtig öffnete Ludmilla zunächst nur ein Auge, dann wagte sie einen ersten Blick und sah einen breiten Schnabel.

 

»Uuuh … hey. Wer bist du denn? – Was bist du?«

Ludmilla zuckte erschrocken zusammen.

 

Aber ihr blieb nichts anderes übrig, als dem Tod ins Auge zu sehen. Denn, was auch immer es war, es kam langsam näher.

 

O je, o nein! Dieses Tier war wirklich zum Fürchten. Es starrte sie mit riesigen, schwarzen, quadratischen Augen an und es roch ganz grässlich nach Erde.

 

Ludmilla hatte einmal gehört, es sei gefährlich, großen Tieren in die Augen zu schauen. Nur wo sollte sie dann hinsehen?

 

Sie musste etwas tun. Jetzt oder nie. Denn wenn es erst einmal diesen breiten Schnabel aufriss, dann …

Ludmilla rührte sich und senkte den Kopf etwas, so dass ihr Gegenüber die eindrucksvollen Hörner betrachten konnte.

Das Tier wandte den Kopf. »Hmmm«, hörte Ludmilla es grollen.

Keine gute Idee, gar keine gute Idee.

 

Jetzt sah Ludmilla auch, dass es irgendetwas auf seinem Schnabel sitzen hatte. Das waren ja gar keine Augen. Das Ding, das es da trug, hatte Ähnlichkeit mit einer großen Sonnenbrille.

Ludmilla scharrte wieder mit den Füßen. Diesmal würde sie rennen. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und hetzte los.

»Herr Wachter!«, rief sie kläglich durch den Nebel.

Der Hütehund spitzte die Ohren, wandte sich um und lief ihr entgegen. »Was ist denn passiert? Du siehst ja aus, als hättest du eines der Moor-Gespenster gesehen!«

 

Ludmilla verzog das Gesicht. Musste er das sagen?

Sie deutete unsicher auf den Hügel. »Da vorne.«

Herr Wachter sah mit einem Mal höchst wachsam aus.

»Es war ganz schrecklich«, erklärte Ludmilla. »Ich stand dort und da war ein solch schöner Flecken Gras … und genau neben diesem Fleck kam plötzlich etwas aus der Erde. Etwas Großes, Dunkles. Zuerst grunzte es laut, dann wollte es nach mir greifen.« Ludmilla schüttelte sich.

»Was könnte das sein? Hat es dich bedroht?«, wollte Herr Wachter wissen.

»Ich weiß nicht. Es schaute wirklich finster drein und ich habe mich nicht mehr getraut, hinzusehen«, gab Ludmilla zu.

 

Der Hütehund warf einen Blick auf den Hügel.

 

Ludmilla wartete. Herr Wachter würde wissen, was zu tun war.

Seine Pfoten berührten kaum den Boden, als er auf leisen Sohlen vorwärts schlich. Dabei senkte er den Kopf und machte einen flachen Rücken.

 

Ludmilla versuchte, sich genauso zu bewegen wie der Hütehund, doch bei ihr schienen diese Verrenkungen nicht so recht zu funktionieren. Man könnte denken, er hätte Angst, aber ein mutiger Hund wie ihr Herr Wachter hatte doch bestimmt vor gar nichts Angst.

Je näher er an den Bau des Tieres herankam, desto langsamer wurde er. Bis er mit einem Mal stoppte.

 

Ludmilla hielt sich dicht hinter ihm und hätte ihn um ein Haar gerammt. »Kannst du sehen, was es ist?«, flüsterte das Heidschnuckenschaf.

»Wenn es Flügel hätte, wäre es eine Ente«, gab Herr Wachter leise zurück.

 

Ludmilla lugte hinter seinem Rücken hervor. Nein, es hatte keine Flügel!

Herr Wachter umkreiste den Erdhügel vorsichtshalber einmal. Das Tier hatte sich im Heidekraut niedergelassen, wirkte aber auf den ersten Blick nicht gefährlich.

 

Ludmilla beobachtete die Lage aus sicherer Entfernung. Sie wollte natürlich alles erfahren.

 

Der Hütehund legte den Kopf schief. Für das Heidschnuckenschaf hieß das: Aufgepasst!

Das große Tier, das keine Ente war, hatte sich aufgesetzt. Herr Wachter und Ludmilla wurden neugierig beäugt.

Es gab komische Töne von sich, zeigte in ihre Richtung und formte mit den Vorderbeinen etwas, das wie eine Kugel aussah.

 

Sie schaute Herrn Wachter an, aber der schien auch nicht zu wissen, was es bedeutete. Überhaupt erinnerten diese Vorderbeine das Schaf an Schaufeln.

»Dich kenne ich, du bist ein Hund. In Australien gibt es die auch; sie sind immer schmutzig.«

»Es spricht so komisch, zieht die Worte in die Länge, klingt außerdem irgendwie zerknautscht, als würde jemand Wolle spinnen und sich verheddern«, meinte Ludmilla zu Herrn Wachter. Jedenfalls klang es völlig anders, als sie es gewohnt war.

Herr Wachter nickte. »Gerade sagte er etwas von Australien.«

Ludmilla wagte sich ein Stückchen näher heran. Das klang ja spannend.

 

 

Herr Wachter schien zu überlegen, während das Tier einfach weiter redete und redete.

 

»Oh, Verzeihung. Ich heiße Bill Ditsches. Kennt ihr hier Schnabeltiere? Ich bin nämlich eins und meine Heimat ist Australien. Schön ist es bei euch, man kann sogar den blauen Himmel sehen. In Coober Pedy, wo ich herkomme, sieht man nur Erdhügel, Löcher und Steine.«

Das Schnabeltier klappte die dunkle Sonnenbrille auf, die sie im ersten Moment für quadratische Augen gehalten hatten, und schaute abwartend in die Runde.

 

Ludmilla stupste den Hütehund an und fragte: »Was sollen wir machen? Er wird uns doch nicht fressen wollen, oder?«

Herr Wachter schüttelte den Kopf. »Glaube ich nicht, der ist bestimmt Vegetarier«, erwiderte er.

 

»Aha«, machte Ludmilla. Woran bitteschön sah man, ob einer Fleisch mochte oder ob er es nicht mochte?

»Bin gleich wieder zurück!«, kündigte Herr Wachter urplötzlich an und setzte in vollem Lauf über die Heide.

 

»A- aber …« Ludmilla zog ein Gesicht und tat so, als würde sie weiter Gras fressen.

 

»Hey, du bist aber ein lustiges Ding! Ist das da etwa Fell rund um deinen Körper? Und was trägst du da Komisches auf dem Kopf?«

Oh je! Das Tier sprach mit ihr. Sollte sie vielleicht auch etwas sagen? – Hoffentlich kam Herr Wachter schnell zurück.

Ludmilla warf ihm aus den Augenwinkeln einen Blick zu. Sie könnte ja etwas erwidern. Aber da meinte das Schnabeltier: »Das war ganz bestimmt der falsche Weg!« und kratze sich mit einem Vorderbein die breite Brust. Er sprach mit sich selbst und es hörte sich an, als wäre etwas total schiefgegangen.

Herr Wachter kam kurz darauf in Begleitung seines Großvaters zurück, der bei der Mutter ihres Schäfers lebte. Ludmilla mochte den alten Schäferhund; alle nannten ihn wegen seines fortgeschrittenen Alters und wegen der Farbe seines Felles Leonhard den Grauen.

 

»Was ist das denn für ein Bursche?« Leonhard starrte auf den Hügel und rieb sich die Augen.

 

Ludmilla war ziemlich erleichtert. Jetzt war sie nicht mehr allein. Der Fremde hatte sie so ein bisschen angestarrt.

 

»Und er sagt, er kommt aus Australien? Ganz unmöglich! Australien liegt auf der anderen Seite der Erde.« Der alte Schäferhund klang nicht überzeugt.

»Ich lebte einige Jahre im Ausland. Habe ich euch erzählt, dass …« Aber bevor Leonhard von seinen Erlebnissen berichten konnte, unterbrach ihn Herr Wachter.

 

»Ja, Großpapa, hast du. Was machen wir denn jetzt? Er ist einfach hier aufgetaucht. Wir wissen gar nicht, was er will!«, drängte Herr Wachter.

 

»Ein Australier«, wiederholte Leonhard. »Hm, wir müssen vorsichtig sein. Kinder, habe ich euch schon von meinen Reisen in all die fernen Ländern berichtet?«

Darauf erwiderte niemand etwas. Ludmilla kannte die Geschichten des Grauen nur zu gut.

 

Wenn Hunde älter wurden, dann fühlten sie sich plötzlich so klug wie Lassie und so stark wie King Kong.

 

»Ich bin Leonhard der Graue, der junge Kerl hier ist mein Enkel Herr Wachter und das hübsche Heidschnuckenschaf heißt Ludmilla. Und du kommst geradewegs aus Down Under, wirklich?«

 

Ludmilla starrte den alten Schäferhund staunend an. Und selbst Herr Wachter schien überrascht. Das hätte er bestimmt nicht erwartet. Einen Fremden anzusprechen war ziemlich mutig.

 

Der Australier reichte Leonhard sein Vorderbein zur Begrüßung und Leonhard der Graue schlug ein.

»Schön, dich kennen zu lernen! Coole Sonnenbrille, übrigens«, sagte der alte Schäferhund fröhlich.

Kostbare Steine

 

Leonhard hatte Bill Ditsches gefragt, wo in Australien er lebte und wie es ihm gelungen war, die Erde zu durchqueren.

 

Ludmilla fand, es hörte sich absolut abenteuerlich an.

Bill hatte wieder dieses Coober Pedy erwähnt. Oh, wie exotisch der Name klang. Ludmilla wandte die Augen träumerisch gen Himmel und hatte ihre Furcht vor dem Fremden schon wieder vergessen.

 

Der Schäferhund erklärte dem Schnabeltier gerade, wo es sich überhaupt befand.

»Du bist in Deutschland – in der Lüneburger Heide. Ein ziemlich weiter Weg bis hierher und obendrein bleiben die meisten Tiere für gewöhnlich an dem Ort, an dem sie geboren werden.«

Der Australier wirkte einen Moment lang zutiefst erschrocken, als wäre seine Absicht eine ganz andere gewesen. Dann aber meinte er locker:

»Deutschland« und sein Grinsen geriet etwas schief. Er klappte schnell seine Brille hoch und meinte: »In Coober Pedy hört man eure Deutschland-Sprache ganz schön oft. Außerdem lernen Schnabeltiere schnell. Ich … äh, ich besuche meine Verwandten. Sie wohnen ganz in der Nähe der Lüneburger Heide. Sozusagen gleich nebenan.«

 

Ludmilla kam das ein wenig sonderbar vor.

Sie hatte in der Gegend noch nie eine solche Tierrasse gesehen. Aber womöglich wohnten diese verwandten Schnabeltiere ja im Moor. Und dorthin würde sie niemals gehen, auch nicht aus Neugierde.

 

Sie blickte Bill aus großen Augen an. Schlank und stark war er und gewiss auch sehr mutig. Immerhin war er ganz allein von Australien hierher gereist. Leonhard sagte: »Über deinen Besuch werden sich deine Verwandten bestimmt sehr freuen. Du reist also gleich weiter?«

Das Schnabeltier meinte: »Na ja, also, so eilig habe ich es gar nicht. Wie ich hörte, ist mein Großuronkel sehr krank und man darf ihn im Augenblick leider nicht besuchen, wegen der Ansteckung!«

Leonhard der Graue fragte den Australier: »Bist du sicher, dass dieses Wort das richtige ist?« Er wackelte argwöhnisch mit den Ohren.

»Großuronkel!«, wiederholte Herr Wachter und legte den Kopf schief.

Ludmilla stutzte, sie kannte keinen solchen Onkel. Die anderen beiden offenbar auch nicht. Aber das war ihr gleich. Es wäre doch schön, wenn der interessante Australier noch länger hier bei ihnen bleiben würde.

 

Leonhard sagte bedächtig: »Na, klar … man kann viele Geschichten erzählen; und einige davon sich bestimmt auch wahr. Überleg’ dir gut, was du uns auftischst, hörst du?«

Ludmilla wusste nicht, was der alte Schäferhund damit meinte, aber sie wollte schrecklich gerne von Bill Ditsches mehr über seine Heimat erfahren. Vielleicht würde sie es wagen, ihn anzusprechen. Der Rest ihrer Herde würde staunen. Gerade dachte sie darüber nach, was sie ihn fragen könnte, dann … fiel ein großer Schatten auf Ludmilla. Sicher würde gleich ein Unwetter losbrechen, und dann sollte sie in ihrem Unterstand sein. »Ausrede«, schimpfte sie stumm mit sich. Sie legte den Kopf zurück, und drückte den gewölbten Brustkorb durch. Es half nichts, Ludmilla bekam keinen Ton heraus.

»Du bist eben doch ein Angstschaf!«, sagte sie zu sich selbst.

Am Himmel zeigten sich inzwischen immer mehr Wolken und ein ferner Donner erklang.

Mit einem Mal fielen aus diesen Wolken winzige Hagelkörner.

Bill Ditsches schrie laut auf, als ihn einige erwischten. Im Nu flüchtete er sich in seinen Hügel zurück. »Was ist das denn?«, schimpfte er.

 

Ludmilla verstand zuerst gar nicht, warum das Schnabeltier so entsetzt reagierte.

 

Der Graue, dessen Züge jetzt ein Lachen flutete, klärte den Fremden auf: »Es hagelt ein bisschen. Was soll daran so schlimm sein? Sind doch nur ein paar winzige Körner; Eis-Regen«, sagte der Schäferhund.

 

Ludmilla überlegte. Es schien darum zu gehen, dass Bill nichts über Hagel wusste. Sie kicherte. Der Arme! Ihr eigenes dickes Fell hielt die Hagelkörner natürlich mühelos ab.

 

»Wie schrecklich! In Australien haben wir kein gefrorenes Wasser, das von oben kommt«

Bill Ditsches legte einen Vorderlauf auf die Herzgegend. Ludmilla seufzte vernehmlich.

Herr Wachter und Leonhard drehten sich beide gleichzeitig nach ihr um.

»Es ist sicher gleich vorbei«, sagte Leonhard und seine Stimme klang genervt.

Und tatsächlich schien gleich darauf bereits wieder die Sonne. Kleine Tropfen blieben zurück und glitzerten auf dem Heidegras.

»Hey, ich habe Geschenke mitgebracht. – Überraschung! Jeder bekommt eines.«

Das Schnabeltier tauchte wieder aus seinem Hügel auf, grinste breit und gab Herrn Wachter, Ludmilla und Leonhard jeweils einen schimmernden Stein.

 

»Danke, der ist ja wunderschön!«, sagte Ludmilla schüchtern. Nun ja, es war ein Stein, die gab es hier in der Heide zwar auch, aber sie schimmerten längst nicht so herrlich. Ludmilla strahlte. Hätte Bill dann auch noch welche für seine Verwandten? »Hast du dann auch noch welche von den Schimmersteinen für deine Verwandten?«

 

»Schimmersteine?«, fragte Bill Ditsches. »Aber das sind doch keine Steine. Es sind Opale. Ich habe sie direkt von meiner Heimatstadt Coober Pedy mitgebracht. Dort wo ich lebe, finden die Leute manches Mal welche und sie sind sehr wertvoll. Die Menschen graben Löcher in die Erde, um sie zu bekommen. Sie sind ganz verrückt nach den Dingern, glaubt mir!« Er warf einen Blick in die Runde. »Und für meine Familie hab ich noch welche.« Er zwinkerte Ludmilla zu, deren Hörner sich leicht rosa färbten.

 

»Natürlich. Ich glaube, du flunkerst, Bill Ditsches!«, sagte Leonhard.

Herr Wachter nickte heftig, er war offenbar der gleichen Ansicht.

Ludmilla schüttelte den Kopf. So etwas konnte Leonhard doch nicht sagen. Was, wenn es wirklich stimmte und das ein Opal war? Sie warf dem Schnabeltier einen schüchternen Blick zu. Ludmilla mochte diesen Bill. Sie hätte ihn gerne ihren Freundinnen vorgestellt. – Na ja, sie hatte eigentlich gar keine Freundinnen.

 

Leonhard raunte Ludmilla und seinem Enkelsohn zu: »Jetzt ist guter Rat teuer. Er ist ja nun mal hier, aber ich mag es nicht, wenn jemand Unsinn erzählt.«

»Oh«, hauchte Ludmilla. Glaubte Leonhard, dass Bill wegen der Steine log? Aber warum sollte er das tun? Sie fand, die Steine waren etwas Besonderes. Außerdem hatte ihr noch nie zuvor jemand etwas geschenkt.

»Aber … ich …«, verteidigte sich Bill, der ehrlich geknickt aussah. Er hatte bestimmt nur freundlich sein wollen.

»Halt die Luft an!«, sagte Leonhard langsam und überdeutlich. Ludmilla hörte am Klang seiner Stimme, dass er sich ärgerte.

»Die Schimmersteine hat dieser Bill Ditsches bestimmt irgendwo unterwegs ausgebuddelt. Und uns will er weismachen, sie seien etwas wert. Dann tischt er uns auch noch auf, er hätte Verwandte in der Gegend. Dabei ergreift er beim ersten Hagelkorn die Flucht. Erzählt dieses Schnabeltier denn überhaupt einmal die Wahrheit?«

 

Herr Wachter und Leonhard der Graue legten ihr Geschenk demonstrativ auf die Erde und wandten sich langsam um.

 

Ludmilla ließ ihren Stein schnell unter ihrem Fell verschwinden. Sie wollte ihn behalten. Er war schließlich ein Geschenk.

 

Ihrem Hütehund aber musste sie Folge leisten und so ging sie schweren Herzens mit dem Grauen und Herrn Wachter zurück. Allerdings nicht, ohne sich vorher noch einmal umzudrehen und dem Fremden ein Lächeln zu schenken.

Bill Ditsches winkte ihr mit traurigem Blick zu und schob seine coole Sonnenbrille wieder über die Augen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2013
ISBN (eBook)
9783955950149
ISBN (Paperback)
9783955950187
DOI
10.3239/9783955950149
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2013 (März)
Schlagworte
heidschnuckenschaf
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